Im Vorfeld des 68. Österreichischen Gemeindetages in Wels – der größten kommunalpolitischen Veranstaltung des Jahres – präsentierte der Gemeindebund eine aktuelle Bevölkerungsumfrage.
Der Österreichische Gemeindebund hat Demox Research beauftragt, die Stimmung der Menschen in den Gemeinden und deren Einstellung zu aktuellen Themen, wie Ukraine-Hilfe, Kinderbetreuung oder Energiewende zu erheben. Insgesamt wurden zwischen 8. und 13. Juni rund 1.700 Personen in ganz Österreich befragt. „Die Ergebnisse zeigen mehr als deutlich, wie wichtig die Gemeinden in der Lebensrealität der Menschen sind. Die große Zufriedenheit mit unseren Leistungen und das weiterhin hohe Vertrauen in unsere Arbeit sind ein wichtiges Zeichen dafür, dass die Gemeindeebene immer wichtiger für die Menschen in unserem Land wird“, interpretieren Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl und Oberösterreichs Gemeindebund-Präsident Hans Hingsamer.
Die Umfrage zeigt deutlich, dass sich die Stimmung in den Gemeinden spürbar verbessert hat: 12 Prozent (+5 Prozent im Vergleich zu Dezember 2021) der Menschen sagen, dass der Zusammenhalt gewachsen ist, während nur mehr 27 Prozent (-10 Prozent im Vgl. zu Dezember 2021) der Meinung sind, der Umgang der Menschen ist rauer geworden. Dazu passend auch die hohe Zufriedenheit der Menschen (rund 70 Prozent) mit den Leistungen der Gemeinden. Das Vertrauen der Bürger:innen in die Bürgermeister:innen ist mit 56 Prozent weiter sehr hoch. Der kommunalen Ebene vertrauen insgesamt 42 Prozent am meisten, während nur 7 Prozent hauptsächlich der Bundesebene vertrauen. Fast erschreckend ist im Gegensatz dazu das geringe Vertrauen in Politik und Parteien (rund 82 Prozent vertrauen eher weniger). In Krisenzeiten ist die Hilfsbereitschaft ein wichtiges Thema. Hier zeigt sich, dass es ein hohes Vertrauen in die gegenseitige Hilfsbereitschaft in der Heimatgemeinde gibt. Fast zwei Drittel der Menschen bauen darauf, dass sie in der Not Hilfe vor Ort finden. Paul Unterhuber, Geschäftsführer von Demox Research fasst die Stimmungslage folgendermaßen zusammen: „Während die Landsleute das Gefühl haben, dass auf Bundesebene mehr miteinander gestritten wird, sehen sie die Welt in ihren Heimatgemeinden ganz anders. Dort rückt man zusammen, wenn Not am Mann ist und dort hält man auch zusammen, wenn es rundherum rauer wird. Das ist die Stärke der Gemeinden, der Bürgermeister:innen. Sie sind als Ansprechpartner:innen für ihre Gemeindebürger:innen immer greifbar, damit aber auch angreifbarer.“
Demox Research hat auch die Unterbringung von Vertriebenen aus der Ukraine abgefragt. 64 Prozent sagen, dass in ihren Gemeinden schon Flüchtlinge untergebracht waren oder sind. In der Mehrheit der Fälle hat die Unterbringung und auch die Integration in den Schulen gut funktioniert. „Die österreichischen Gemeinden haben bisher etwa 70.000 Vertriebene aus der Ukraine aufgenommen und auch zahlreichen Schüler:innen den Schulbesuch ermöglicht“, betont Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl. Er selbst war in den letzten Tagen in der Ukraine, um sich vor Ort ein Bild der Zerstörungen zu machen und mit verantwortlichen Bürgermeistern (Kiew, Butscha, Lemberg), sowie Ministern die Möglichkeiten zum Wiederaufbau zu besprechen. „Als Gemeindebund wollen wir jetzt die Zusammenarbeit mit unseren ukrainischen Kollegen weiter vertiefen und dabei unter anderem mit Städtepartnerschaften einen wichtigen Beitrag zu Frieden, Freiheit und Stabilität leisten. Beim Wiederaufbau in den befreiten Gebieten wollen wir so rasch wie möglich und so gut wie möglich helfen“, so Riedl.
Ein weiterer Schwerpunkt der Umfrage war das Thema Kinderbetreuung, das in den letzten Wochen auch in der öffentlichen Debatte aufgrund der Bund-Länder-Vereinbarung sehr präsent war. Die Umfrage zeigt eine grundsätzlich hohe Zufriedenheit mit den Angeboten der Kinderbetreuung in den Gemeinden (15 Prozent sehr zufrieden, 36 Prozent eher zufrieden, gesamt 15 Prozent unzufrieden). Gleichzeitig meinen 51 Prozent, dass flexible Lösungen eindeutig dem reinen Rechtsanspruch vorzuziehen sind. „Das bestätigt auch unsere Wahrnehmung. Wir wollen weiter gemeinsam das Betreuungsangebot verbessern. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir in den letzten Jahren sehr viel getan haben. So wurde etwa die Anzahl der Kinderkrippen in 20 Jahren vervierfacht. Jedenfalls ist aus unserer Sicht klar, dass die Gemeinden die Kinderbetreuung nicht alleine stemmen können. Es braucht eine bundesweite Personaloffensive, um mehr Menschen für die Arbeit mit den Kindern in unseren Gemeinden zu begeistern“, betont Riedl. Oberösterreichs Gemeindebund-Präsident Hans Hingsamer ergänzt: „Auch für uns in Oberösterreich ist die Personalsituation durchaus eine herausfordernde, die uns immer wieder vor große Probleme stellt. Die 200 Millionen Euro des Bundes pro Jahr sind wichtig, aber zu wenig, wenn uns das Personal ausgeht.“
Zum Ausbau erneuerbarer Energie wünschen sich 51 Prozent noch mehr Engagement seitens der Gemeinden und 43 Prozent sind der Meinung, dass bei kommunalen Klima-Initiativen schon viel passiert ist. „Wenn man sich die vielen kleinen und großen Projekte in den Gemeinden ansieht, dann weiß man, dass in der Vergangenheit schon sehr viel passiert ist. Der Krieg in der Ukraine und die steigenden Energiepreise sorgen bei den Bürger:innen für eine gewisse Ungeduld. Klar ist: Es wird mehr Tempo und raschere Verfahren brauchen, um Netzinfrastruktur, Windräder und PV-Anlagen auszubauen“, so OÖ-Gemeindebund-Präsident Hingsamer.
Der 68. Österreichische Gemeindetag am 29. und 30. Juni in Wels steht dieses Jahr unter dem Motto „Unsere Gemeinden – Gestalter der Lebensräume“. An beiden Tagen werden gemeinsam mit den rund 2.000 GemeindevertreterInnen zahlreiche SpitzenpolitikerInnen erwartet. Zu den Gästen zählen unter anderem Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Karl Nehammer, die Regierungsmitglieder Klaudia Tanner, Susanne Raab, Gerhard Karner, Norbert Totschnig, Magnus Brunner, Claudia Plakolm, sowie Landeshauptmann Thomas Stelzer. Bei der gleichzeitig stattfindenden Kommunalmesse präsentieren rund 240 AusstellerInnen Innovationen im Kommunalbereich.
Bild: Luftaufnahme Wels (Wikipedia)