Unter dem Motto „Keine Chance für Raser!“ wurde vom zuständigen Ministerium ein Maßnahmenpaket gegen extreme Raserei vorgestellt. Dass Strafen ohne Kontrolle wirkungslos sind, hat man scheinbar vergessen.
Zukünftig sollen in besonders gefährlichen Fällen extremer Raserei Fahrzeuge beschlagnahmt werden können. Das klingt erstrebenswert, wirkungsvoll und Erfolg versprechend – ob für die Verkehrssicherheit oder doch nur für die Publicity, sei einmal dahingestellt.
Illegale Autorennen sind tatsächlich gefährlich und an Rücksichtslosigkeit nicht zu überbieten. Weshalb aber gerade illegale Straßenrennen zum Anlass genommen werden, die Verkehrsstrafen und Sanktionen deutlich zu erhöhen, ist weder nachvollziehbar noch wird es der Sache und dem eigentlichen Problem gerecht.
Straßenverkehrsordnung ist nicht geeignet, illegale Rennen zu verbieten
Geht es um illegale Autorennen, so hätte ein Blick nach Deutschland gereicht, um zu verstehen, dass nicht die Straßenverkehrsordnung (StVO) das richtige Instrument ist, um des Problems extremer Raserei Herr zu werden, sondern das Strafgesetzbuch.
Gemäß § 315d dt. Strafgesetzbuch (StGB) ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wer ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt oder als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt, Beschlagnahme („Einziehung“) des Fahrzeugs inklusive. Daraus folgt, dass die Ausrichtung, die Durchführung oder die Teilnahme an einem illegalen Autorennen in Deutschland bereits strafrechtliche Konsequenzen einschließlich der Einziehung des Fahrzeugs (StGB) und nicht bloß verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen (StVO) nach sich zieht.
Richtig ist, dass eine überwiegende Zahl der Verkehrstoten auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen ist. Festzuhalten ist aber, dass es sich dabei in den wenigsten Fällen um illegale Autorennen handelt, deren Ahndung ohnedies nicht im Wege der Straßenverkehrsordnung, sondern im Wege des Strafgesetzbuchs erfolgen sollte. In den meisten Fällen ist schlicht überhöhte und nicht angepasste Geschwindigkeit ursächlich für schwere Unfälle mit Personenschäden.
Hohe Strafen können eine abschreckende bzw. generalpräventive Wirkung haben – das aber nur dann, wenn sich der Normunterworfene darauf verlassen kann, dass ihn die angedrohte Sanktion auch tatsächlich trifft, wenn er Ge- und Verbote missachtet.
Datenschutzrechtliche Probleme bei Geschwindigkeitsmessungen durch Gemeinden
Im Jahr 2008 hat die Datenschutzbehörde (damals eine Kommission) den Gemeinden die Möglichkeit genommen, von sich aus an neuralgischen Punkten automationsunterstützte Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Es fehle eine gesetzliche Grundlage für Überwachungsmaßnahmen durch Gemeinden, so die Begründung.
Dass gerade Datenschutz hier ausschlaggebend war, ist bemerkenswert: Da bei „Radarüberwachungen“ ausschließlich die Daten jener erhoben und verarbeitet werden, die zu schnell unterwegs sind – und somit gegen die Verkehrsordnung verstoßen –, könnte man mit Blick auf diese Entscheidung durchaus die Frage aufwerfen, ob das Datenschutzrecht hier nicht Probleme hervorruft, anstatt sie zu lösen.
Verkehrsberuhigende Maßnahmen wirken nur teilweise
Um überhöhter Geschwindigkeit im Ortsgebiet Einhalt zu gebieten, haben Gemeinden in den letzten Jahren intensiv in verkehrsberuhigende Maßnahmen im Ortsgebiet investiert. Geschwindigkeitsbeschränkungen, Bodenschwellen, Fahrbahninseln, Fahrbahnverengungen, Fahrbahnteiler: Allen Maßnahmen zum Trotz wird innerorts zu schnell gefahren.
Ursächlich dafür sind allerdings nicht zu niedrige Strafen, sondern schlicht der Umstand, dass überhöhter Geschwindigkeit im Ortsgebiet – und damit dort, wo die schwächsten Verkehrsteilnehmer besonders gefährdet sind – wenig bis gar keine Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Nicht niedrige Strafen sind das Problem, sondern fehlende Kontrollen
Eine Umfrage des Gemeindebundes im Jahr 2019 hat eindrucksvoll bestätigt, dass nicht zu niedrige Strafen das Problem sind, sondern fehlende Kontrollen. Personalmangel und Überlastung der Exekutive wurden unter anderem als Gründe angeführt, weswegen Kontrollen, so sie überhaupt stattfinden, nicht am richtigen Ort und auch nicht zur richtigen Zeit stattfinden.
Bedauerlich ist, dass in dem nun vorgestellten Maßnahmenpaket gegen Raser nicht mit einem Wort eine verbesserte Kontrolle und Verkehrsüberwachung erwähnt wird. Gerade dieses Maßnahmenpaket kann seine Wirkung aber nur entfalten, wenn auch rigoros dort überwacht wird, wo Hotspots und Gefahrenstellen liegen.
Will man tatsächlich dem auch im Regierungsprogramm genannten Ziel einer „Vision Zero“ (keine Verkehrstoten auf Österreichs Straßen) näherkommen, so führt kein Weg daran vorbei, die Verkehrsüberwachung verstärkt zu automatisieren und den Gemeinden endlich die Möglichkeit zu geben, selbstständig punktuelle Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen.
Quelle: Österreichischer Gemeindebund/Bernhard Haubenberger
Foto: Pixabay/Manfred Richter