Für laufende Ausgaben fehlen bereits die Mittel – Hilfen durch Bund und Länder notwendig
Es waren gute Zeiten für die Kommunen. Der Wirtschaftsboom der Zehnerjahre spülte viel Geld in die kommunalen Kassen, die Einnahmen der Gemeinden sind gestiegen. Corona reißt ein tiefes Loch in die Haushalte. Nach Prognosen des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ) fehlen den Kommunen ohne die Bundeshauptstadt Wien für die Jahre 2020 und 2021 insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Die Mittel fehlen bei der Deckung der laufenden Ausgaben.
Die SozialdemokratInnen fordern ein Paket, dass den Gemeinden bei der Erstellung der Budgets Planungssicherheit garantiert und ihnen den Spielraum für Investitionen gibt: Denn die Gemeinden sind einerseits diejenigen, die für die sogenannte Daseinsvorsorge für die BürgerInnen sorgen – dazu gehören etwa Wasserversorgung, Kanal- und Abwasserentsorgung, der Bau und die Sanierung der Straßen, Investitionen in Schulen und Kindergärten, Museen und Büchereien, Kultur- und Sporthallen, Straßenbeleuchtung, Standards bei Schneeräumung oder Straßenreinigung. Andererseits sind die Gemeinden auch ein wichtiger Job- und Wirtschaftsmotor in den Gemeinden und Regionen – viele Aufträge werden an regionale Unternehmen vergeben.
In den Gemeinden geht das Licht aus
„Die Einnahmen schrumpfen, die Ausgaben steigen und so bleibt den Städten und Gemeinden wenige Geld in die Lebensqualität vor Ort zu investieren. Ihnen geht buchstäblich das Licht aus, wenn sich Bund und Länder der prekären Situation in den Kommunen nicht endlich bewusst werden“, erklärt der Trumauer Bürgermeister, Nationalrat Andreas Kollross, Kommunalsprecher der SPÖ im Parlament. Derzeit sehe das kommunale Investitionsgesetze je nach Finanzkraft der Gemeinden rund 100 Euro pro EinwohnerIn in den Gemeinden an Unterstützungsleistung vor.
Das sei angesichts der Entwicklung der Pandemie – viele gehen bereits von einem dritten Lockdown aus – zu wenig, um die Handlungsfähigkeit und damit die Lebensverhältnisse der BewohnerInnen zu garantieren. „Wir fordern die Bundesregierung und die Länder auf, endlich zu handeln, bevor es zu spät ist und die Gemeinden viele Serviceleistungen nicht mehr anbieten können.“ Kollross fordert, das bestehende Kommunalinvestitionsgesetz (KIG) als Soforthilfe noch im Dezember an die Gemeinden auszubezahlen – ohne Auflagen von Investitionstätigkeiten. Das seien bei einer Milliarde Euro rund hundert Euro pro EinwohnerIn. „Dazu ist ein neues KIG für 2021 in der Höhe von zwei Milliarden Euro notwendig: Um einen Teil der 2020 entstandenen und 2021 noch kommenden Covid-Krise bedingten Finanzlücken ersetzen zu können und das den Gemeinden zur Ankurbelung der Regionalwirtschaft Spielräume ermöglicht. Grundvoraussetzung dafür ist eine neue prozentuelle Vorgabe von maximal 25 Prozent Eigenfinanzierungsanteil durch die Kommunen.“ In Summe ergeben das KIG 2020 und 2021 die geforderte Hilfsmaßnahme von 250 Euro pro EinwohnerIn.
Die Gemeinden brauchen Hilfe. Jetzt.
Wie die Prognosen des KDZ zeigen, werden die Gemeinden die Finanzkrisen nicht aus eigener Kraft tragen können. „Ohne zusätzliche Unterstützung durch Bund und Länder müsste ein massives Sparprogramm mit Leistungskürzungen gefahren werden, um mittelfristig wieder einen ausreichenden Überschuss der operativen Gebarung auf dem Niveau von 2019 zu erzielen. Das würde einen Personalabbau um zehn Prozent – also um rund 7.000 bis 8.000 Arbeitsplätze – und eine Reduktion des Verwaltungs- und Betriebsaufwandes bedeuten“, erklärt der Präsident des sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverbandes und Bürgermeister in Ternitz, Rupert Dworak: „Mittlerweile steigt der Anteil der Abgangsgemeinden (Anm.: Gemeinden die ihre Ausgaben nicht mehr decken können) sprunghaft an. Viele BürgermeisterInnen überlegen Leistungskürzungen in allen Bereichen, und es werden wohl auch Gebühren erhöht werden müssen. Wenn der Österreichische Gemeindebund in einer Tageszeitung vergangenen Sonntag eine Milliarde Euro fordert, sind es um genau 1,5 Milliarden Euro zu wenig!“ Dworak fordert ein Ende der noblen Zurückhaltung bei Forderungen der Gemeinden an den Bundeskanzler und Finanzminister: „Die Gemeinden haben gerade in den letzten Tagen bei der Organisation der Massentestungen den Bund bewiesen, welche Organisationskraft sie haben. Dafür bedanke ich mich bei allen BürgermeisterInnen und den Ehrenamtlichen auf Gemeindeebene! Jetzt ist es aber auch Zeit, dass von Bundes- und Landesseite dem Danke auch die notwendigen finanziellen Mittel folgen! Die Gemeinden brauchen Hilfe! Jetzt!“
Bund soll bei Einnahmen einspringen
Für die Bewältigung der Gesundheitskrise aus Sicht der Gemeinden und damit der BürgerInnen sei ein Bündel an Maßnahmen notwendig. Zur grundsätzlichen Absicherung der Liquidität und der kommunalen Leistungsangebote ist neben dem Kommunalinvestitionsgesetz auch ein – zumindest teilweiser – Ersatz der Einnahmenausfälle durch Kommunalabgaben und Ertragsanteile notwendig. Das würde etwa 1,5 Milliarden Euro ausmachen, erklärt der SPÖ NÖ Landesparteivorsitzende und im Land NÖ für SPÖ-geführte Gemeinden zuständige LH-Stellvertreter, Franz Schnabl.
Er rechnet vor, dass der Investitionsspielraum der Gemeinden einbricht: „Es besteht ein Investitionsbedarf von rund 3,2 Milliarden Euro im Jahr, die Eigenfinanzierungskraft der Gemeinden liegt bei 0,6 bis zu einer Milliarde Euro. Das bedeutet, dass 2,4 Milliarden Euro offenbleiben. Gibt es hier keine Unterstützung von Bund und Ländern, bedeutet das Investitionskürzungen, was sich wiederum auf die ArbeitnehmerInnen und Unternehmen in den Regionen und Gemeinden auswirkt. Dazu kommen schwerer zu bedienende Darlehenstilgungen und ein Anstieg der Verschuldungen sowie Leistungskürzungen, weil laufende Verpflichtungen nur mehr erschwert finanzierbar sind.“
Die Hilfspakete des Bundes und der Länder an die Kommunen weisen oftmals nicht die Tauglichkeit auf, den Gemeinden jene Unterstützung zu geben, die sie bräuchten, sagt Schnabl: „Im Vergleich mit anderen Bundesländern zeigt sich, dass NÖ-Gemeinden nur 27 Euro pro EinwohnerIn erhalten, während Kärnten 36 Euro pro Einwohner zugesteht, Oberösterreich 37 Euro, die Steiermark 64 Euro, und Tirol 93 Euro.“
Schnabl kann nicht nachvollziehen, warum hier nicht effizient, vorausschauend und nachhaltig reagiert wird: „Den Gemeinden geht die Finanzkraft aus. Wenn es nicht bald ausreichende finanzielle Hilfe gibt, dann wird es einen Lockdown der Kommunen und damit für die Dienstleistungen an die BürgerInnen geben.“