Die Gemeinden wirtschaften solide, stehen aber finanziell vor schwierigen Jahren. Zusätzliche Aufgaben sorgen auch künftig für große finanzielle Belastungen.
Mit dem Gemeindefinanzbericht 2015 legen die heimischen Gemeinden auch heuer ihre kumulierten Finanzdaten offen. Dieser Bericht basiert auf den Rechnungsabschlüssen des Jahres 2014, die lückenlos von allen Gemeinden ausgewertet wurden und nun vorliegen. „Das Ergebnis ist durchaus positiv und zeigt, dass die Gemeinden auch 2014 den Konsolidierungspfad weiter gegangen sind“, so Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Erneut haben die Kommunen das Maastricht-Ziel erreicht und den innerstaatlichen Stabilitätspakt erfüllt. Konkret haben die Gemeinden (ohne Wien) das Rechnungsjahr 2014 mit einem Maastricht-Überschuss von 185 Mio. Euro abgeschlossen.
Die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden im Überblick
Die Gesamteinnahmen der Gemeinden lagen 2014 bei 19,149 Mrd. Euro, die Ausgaben bei 19,157 Mrd. Euro. Relevant für die Betrachtung sind jedoch die Einnahmen abzüglich der Schuldenaufnahme bzw. die Ausgaben abzüglich der Tilgungen.
Die Gesamteinnahmen (abzüglich Schuldenaufnahme) betrugen 18,136 Mrd. Euro (+4,6 %), die Gesamtausgaben lagen bei 17,911 Mrd. Euro (+4,3 %). Der Finanzierungssaldo der Gemeinden (lt. VRV 1997) betrug 2014 176 Mio. Euro. Um das tatsächliche Maastricht-Ergebnis zu erhalten, wird dieser Saldo von der Statistik Austria bereinigt und führt zu einem tatsächlichen Maastricht-Überschuss von 185 Mio. Euro.
Die Einnahmen aus Ertragsanteilen und aus der Kommunalsteuer ergeben zusammen rund 88 % des Aufkommens aus Abgabenerträgen und sind daher für die kommunale Finanzplanung von wesentlicher Bedeutung. Die erwarteten Wachstumsraten für die Ertragsanteile ohne Bedarfszuweisungen belaufen sich für das Jahr 2015 auf +3,3 %. Für das Jahr 2016 ist ein Rückgang von -0,4 % auf Grund der in-Kraft-tretende Steuerreform und dem daraus resultierenden geringerem Steueraufkommen, prognostiziert (Grafik 1.7) . Bei der Kommunalsteuer wird für das Jahr 2015 ein Aufkommensplus von +2,8 % bzw. für 2016 +2,7 % prognostiziert).
Die Ausgaben der Gemeinden im Überblick
Die Ausgaben abzüglich Tilgungen der Gemeinden ohne Wien erhöhten sich im Jahr 2014 um 743 Mio. Euro bzw. 4,3 % von 17,168 Mrd. Euro im Jahr 2013 auf 17,911 Mrd. Euro im Rechnungsjahr 2014.
Eine Veränderung gab es bei den stärksten Ausgabenanstiegen in den Gemeindebudgets. Im Vorjahr wurden beim Straßenbau die größten Kostensteigerungen festgestellt. 2014 war im Sozialbereich die Ausgabendynamik am stärksten (+6,28 %). Ein Faktor hinter dieser Entwicklung ist der Anstieg des Arbeitslosenbestands in den Jahren 2013 (+10,2 %) und 2014 (11,2 %) und die daraus indirekt resultierende starke Zunahme der Mindestsicherung. Der Teil der Arbeitslosen der nach Ablauf der Arbeitslosenunterstützung durch das Arbeitsmarktservice (AMS) weiterhin arbeitslos bleibt, wird Sozialleistungen der Gemeinden (Mindestsicherung) beantragen. Die Anzahl der Bezieher von Sozialgeldleistungen der Gemeinden und Länder (Mindestsicherung) hat sich 2013 um 7,7 % erhöht. Auch die Gesundheitsausgaben stiegen merkbar, nämlich um 4,49 Prozent. Mit einem Anstieg von 112,9 % bzw. 573 Mio. Euro sind die Ausgaben für Soziale Wohlfahrt die am stärksten steigenden Nettoausgaben der Gemeinden seit dem Jahr 2000. Die Nettoausgaben für Gesundheit liegen mit einem Anstieg von 87,2 % bzw. 536 Mio. Euro auf Platz zwei. Zum Vergleich betrug die Inflation in derselben Periode 29,4%.
Investitionen wieder merkbar gestiegen
Im Vergleich zum Jahr 2013 sind die Investitionen der Gemeinden 2014 deutlich gestiegen. Um 326 Mio. Euro haben die Kommunen mehr investiert, das entspricht einer Steigerung von 17,8 Prozent. Das Gesamtvolumen kommunaler Investitionen liegt nun erstmals seit 2009 wieder über zwei Milliarden Euro, nämlich bei 2,149 Mrd. Euro. „Das ist eine wichtige Nachricht, denn die Gemeinden haben viele Investitionen in der Krise zurückhalten müssen, um die Haushalte zu konsolidieren. Diese Investitionen sind ja aber trotzdem nötig, es ist unerlässlich, dass sie getätigt werden“, sagt Mödlhammer.
Transfers: Gemeinden überweisen Ländern 1,4 Mrd. Euro
Höchst nachteilig für die Gemeinden entwickelt sich die weiter aufgehende Schere zwischen Transfereinnahmen und Transferzahlungen. Darunter versteht man im Wesentlichen jene Finanzströme, die zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abseits des Finanzausgleichs notwendig sind. In den letzten Jahren steigen die Beträge, die die Gemeinden an Bund und Länder überweisen müssen deutlich stärker an, als umgekehrt. Die Differenz liegt inzwischen bei mehr als 1,4 Milliarden Euro zu Lasten der Gemeinden.
Die Transferausgaben der Gemeinden ohne Wien – sowohl die laufenden Transfers als auch die Kapitaltransfers an alle Gebietskörperschaften – betrugen im Jahr 2014 3,57 Mrd. Euro (2013: 3,37 Mrd. Euro) und übertrafen die Transfereinnahmen von 2,16 Mrd. Euro (2013: 2,05 Mrd. Euro) um 1,41 Mrd. Euro (2012: 1,32 Mrd. Euro). Dadurch stieg das Defizit aus Transferzahlungen um EUR 91,6 Mio. bzw. 6,9 % (Anstieg 2013: 73,5 Mio. Euro bzw. 5,9 %).
Freie Finanzspitze einigermaßen stabil
Ein überaus wichtiger Indikator für die Investitionsmöglichkeiten der Gemeinden ist die so genannte „freie Finanzspitze“. Das ist jener Wert, der durch Abzug der Tilgung von Finanzschulden vom Saldo der laufenden Gebarung errechnet wird. Je höher die freie Finanzspitze ist, desto mehr können die Gemeinden außerhalb ihrer laufenden Pflichtausgaben investieren. Im Vergleich zu 2013 ist die freie Finanzspitze 2014 leicht gestiegen und betrug rund 543 Millionen Euro. Für 2015 wird ein weiterer leichter Anstieg prognostiziert, damit sollte auch wieder das Niveau von 2011 erreicht werden.
Abgangsgemeinden sind gemäß der hier verwendeten Definition jene Gemeinden, deren Ergebnis des ordentlichen Haushalts negativ ist. Bei der nachfolgenden Darstellung handelt es sich somit um eine reine Betrachtung des aktuellen Berichtsjahres. Würde man etwa jene im Berichtsjahr getätigten Ausgaben herausrechnen, die bereits im Vorjahr im ordentlichen Haushalt durch Überschüsse erwirtschaftet, also angespart wurden, sowie im Berichtsjahr getätigte Zuführungen aus dem ordentlichen an den außerordentlichen Haushalt, würde die Zahl der Abgangsgemeinden weitaus geringer ausfallen.
Abgangsgemeinden sind gemäß der hier verwendeten Definition jene Gemeinden, deren Ergebnis des ordentlichen Haushalts negativ ist. Die Anzahl der so ausgewiesenen Abgangsgemeinden stieg im Jahr 2014 um 17 Gemeinden auf 977 Gemeinden (2013: 960 Gemeinden). Dies entspricht rund 42 % aller österreichischen Gemeinden. Der Anstieg der Abgänge im Jahr 2014 von 127,7 Mio. Euro um 17 Mio. Euro auf 144,7 Mio. Euro ist im Wesentlichen durch die kleinsten steirischen Gemeinden mit bis zu 2.500 Einwohner getrieben.
Finanzschulden zum dritten Mal in Folge reduziert
Seit 2011 sinkt der Schuldenstand der Gemeinden. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2014 fort. Die Finanzschuld der Gemeinden sank 2014 um weitere 79,9 Mio. Euro oder 0,7 % auf 11,27 Mrd. Euro (2013: 11,35 Mrd. Euro).
Mehr als 60 % der Finanzverschuldung der Gemeinden fällt in den Bereich „Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit (Abschnitte 85 bis 89 der VRV)“; also Aufgabenbereiche, die sehr anlageintensiv sind und zunächst hauptsächlich über Fremdmittelaufnahmen finanziert werden (z. B. Abwasserbeseitigung, Müllentsorgung, Wasserversorgung). Die Finanzschulden aus diesem Bereich werden nicht in die öffentliche Verschuldung nach Maastricht mit einbezogen. Es ist dabei bemerkenswert, dass die Gemeinden trotz der rekordtiefen Zinsen genau diesen Teil der Finanzverschuldung in den letzten Jahren abbauten (-194 Mio. Euro für 2013 oder -2,6 %).
Rücklagen der Gemeinden steigen
Rücklagen sind aus Haushaltsüberschüssen gebildete Reserven bzw. für Einzelprojekte zweckgebundene Mittel. 2014 erhöhte sich der Stand der Rücklagen im Vergleich zum Vorjahr um weitere 138,2 Mio. Euro bzw. 8,2 % auf 1,82 Mrd. Euro. Damit befand sich der Rücklagenstand der Gemeinden (ohne Wien) 2014 auf dem Höchststand seit dem Jahr 2000 (Tabelle 1.7). Erwähnenswert ist, dass 57 % (79,0 Mio. Euro) des Anstiegs nur auf den Anstieg der Rücklagen einer Gemeinde zurückzuführen ist. Der Anstieg des Rücklagenstands 2014 von 138,2 Mio. Euro entspricht ca. 66 % des Überschusses aus dem Saldo der laufenden Gebarung und der Vermögensgebarung, der Rest dieses Überschusses wurde zum Schuldenabbau (-79,9 Mio. Euro) verwendet.
Wie läuft das Finanzjahr 2015 bislang für die Gemeinden?
„Die Entwicklung der Ertragsanteile im Jahr 2015 ist durchaus zufriedenstellend“, berichtet Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer. „Anlass zur Euphorie besteht freilich nicht, denn die Tendenz zeigt nach unten.“ Im Jahresvergleich sind die Vorschüsse für die Gemeinden (ohne Wien) um insgesamt 4,4 Prozent gestiegen.