Hergovich/Stadler/Dworak/Suchan-Mayr/Kollross fordern „optimale finanzielle Ausstattung für die Gemeinden“

Hergovich/Stadler/Dworak/Suchan-Mayr/Kollross fordern „optimale finanzielle Ausstattung für die Gemeinden“

Die sozialdemokratischen GemeindevertreterInnen und die SPÖ Niederösterreich analysieren den aktuellen Finanzausgleich (FAG) und seine Folgen für die Gemeinden: „Die Kommunen dürfen nicht ausgehungert werden!“

„Vieles ist bereits in den vergangenen Wochen berichtet worden über den Finanzausgleich. Für die Landesbürgerinnen und Landesbürger klingt es in erster Linie nach einem nicht durchschaubaren, nicht greifbaren Konstrukt. Und doch ist es eine der bedeutendsten Verhandlungen, die jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns in unserem persönlichen Lebensumfeld betreffen“, meint Kontroll-Landesrat Sven Hergovich, Landesparteivorsitzender der SPÖ NÖ, eingangs einer Pressekonferenz mit dem nö. Städtebund-Vorsitzenden Bgm. Matthias Stadler, dem stellvertretenden Präsidenten des Österreichischen Gemeindebunds und NÖ GVV-Präsidenten Bgm. Rupert Dworak, LAbg. Bgm.in Kerstin Suchan-Mayr und dem Vorsitzenden des Österreichischen Gemeindevertreterverbandes NR Bgm. Andreas Kollross, SPÖ-Kommunalsprecher im Nationalrat.

Der Bund stellt im Zuge des Finanzausgleichs 2,4 Milliarden Euro an Mitteln für die Länder und Gemeinden zur Verfügung. Davon gehen 1,2 Milliarden an die Bundesländer, 100 Millionen sind für strukturschwache Gemeinden reserviert und die verbliebenen 1,1 Milliarden stehen in einem Zukunftsfonds für kommunale Projekte zur Verfügung. Hergovich fordert, dass die Gelder aus dem Zukunftsfonds für kommunale Projekte auch dort ankommen müssen, wo sie hingehören, nämlich bei den Gemeinden: „Hier geht es um die Möglichkeit, einen Schub im Kinderbetreuungsbereich zu erreichen, der ganztägige und ganzjährige Betreuung gewährleistet. Hier geht es auch darum, leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen oder sich umwelt- und zukunftsfit zu machen. Diese Chance müssen alle Gemeinden zu gleichen Teilen bekommen.“

Insgesamt würden 1,1 Milliarden Euro für die Gemeinden bestimmt sein, das bedeute 208 Millionen für Niederösterreich, was wiederum etwa 120 Euro pro Einwohner ergibt, erläutert der Kontroll-Landesrat. Hergovich: „Ich werde nicht müde werden, die Gelder für unsere Gemeinden einzufordern und nicht ruhen, ehe die Mittel dort landen, wo sie hingehören. Beim unmittelbaren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher – den Gemeinden. Es darf nicht mehr der Willkür eines Bundeslandes/eines Regierungsmitglieds überlassen sein, ob eine Gemeinde Geld bekommt oder nicht.“

Wer die Gemeinden aushungert, wie aktuell – durch schwarz-dominierte Regierungen auf Bundes- und Landesebene – zu befürchten ist, nimmt den BürgerInnen Dienstleistungen, die die Gemeinden nicht mehr erfüllen können, bürdet den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern höhere Kosten für Gebühren auf und nimmt dem Gemeindeleben, dem Vereinsleben ein Stückweit die Lebendigkeit – da wichtige Subventionsleistungen der Gemeinden nicht aufrecht erhalten werden können, warnt Hergovich vor den Auswirkungen. Das Landesbudget verschärft, mit seinen Kürzungen bei Familien, Wohnen und Gesundheit die Situation noch zusätzlich.

Abschließend richtet er den Appell an die ÖVP/FPÖ-Koalition im Land NÖ den Gemeinden keine zusätzlichen finanziellen Hürden aufzubauen: „Lasst die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und die vielen Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter ihre Arbeit machen. Die Gemeinden haben – im Gegensatz zur schwarz-blauen Visionslosigkeit auf Landesebene – laufend vorbildliche Projekte in Planung, die jedem einzelnen Landesbürger zugutekommen. Von Investitionen in die Bildungs- und Kinderbetreuungslandschaft, über Wohnbauprojekte oder Gesundheits- und Pflegeschwerpunkte.“

Stadler: „Sehe das Problem nicht gelöst!“

Bereits zur kolportieren Einigung bei den Finanzausgleichsverhandlungen hat St. Pöltens Stadtoberhaupt festgehalten: „Der dringend notwendigen Anpassung des Verteilungsschlüssels wurde nicht nachgekommen. Diese zentrale Forderung bleibt jedenfalls aufrecht, ebenso wie jene nach einer fairen und transparenten Aufteilung des Zukunftsfonds auf Gemeinde-Ebene. Ein klares Bekenntnis des Bundes in Richtung der städtischen Bildungsaufgaben, Kinderbetreuung, des Klimaschutzes sowie vor allem der Mobilität auf kommunaler Ebene ist unerlässlich.“

Im Rahmen einer Statutarstädtekonferenz im St. Pöltner Rathaus trafen bereits Ende Oktober die Bürgermeister sowie die Finanz- und Magistratsdirektoren aus Krems, Wiener Neustadt, Waidhofen an der Ybbs und St. Pölten zusammen, um über die äußerst angespannte finanzielle Lage zu beraten.

Im Zentrum stand die zentralörtliche Funktion und damit zusammenhängend die finanzielle Absicherung der kommunalen Daseinsvorsorge. Das Fazit: Mit dem vorliegenden Finanzausgleich bleiben noch immer viele Fragen offen. „Drastische Kostensteigerungen bei Landes-Umlagen, z.B. Sozialhilfe, Jugendwohlfahrt, NÖKAS, stellen die Städte mit dem Rücken zur Wand. Uns geht es wirklich nicht gut!“, hält Städtebund NÖ-Vorsitzender Stadler stellvertretend fest.

Derzeit sieht der Finanzausgleich zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeindeverbänden vor allem höhere Kosten auf kommunaler Ebene vor. „Die Leidtragenden sind dann natürlich die Bürger:innen, wenn nämlich auf kommunaler Ebene keine Investitionen mehr getätigt werden können“, so Bürgermeister und Städtebund NÖ-Vorsitzender Matthias Stadler. Bereits im Sommer hat er auf die Situation hingewiesen, in den letzten Monaten hat sich diese nochmal verschärft, eine maßgebliche Verbesserung der Lage im kommenden Jahr sei ebenfalls nicht absehbar.

Die Umlagen auf kommunaler Ebene sollen enorm steigen, besonders die größeren Städte trifft dies besonders. „Diese Erhöhungen stellen uns neben der generellen Teuerung vor ganz enorme Probleme. Am Beispiel der Sozialhilfe in St. Pölten reden wir etwa von einer Steigerung um über 20 Millionen auf fast 70 Millionen Euro. Das ist für uns mit einem Gesamtbudget von rund 200 Millionen Euro langfristig nicht leistbar“, blickt Stadler in eine düstere Zukunft.

Nach immer stärker werdendem Druck wurde nun im Rahmen eines einberufenen Kommunalgipfels von VertreterInnen des Landes NÖ und den Gemeindevertreterverbänden eine erste gemeinsame Vereinbarung für die nächsten drei Jahre ausverhandelt. Dabei wurde unter anderem eine notwendige Finanzierungsaufstockung zur Kindergartenreform, betreffend der Krankenanstaltenfinanzierung mit Rettungsdienst sowie zur Kinder- und Jugendhilfe zur Sozialhife mit einem ersten Unterstützungspaket beschlossen, die einen Teil der anfallenden Kosten abfedern sollen.

„Es geht um eine gemeinsame Lösung der Städte im Sinne der zentralörtlichen Funktion auf Ebene mit dem Bundesland Niederösterreich. Wir sind als Städte für Reformen bereit, sparen teilweise das gesamte Investitionsbudget. Klar muss aber sein, dass wir damit auch die Problematik auf andere Bereiche in der Privatwirtschaft verlagern, wenn mit der öffentlichen Hand die größten Investoren wegfallen“, verweist Stadler darauf, dass noch zusätzliche Anpassungen und frisches Geld zur Abfederung der Teuerung durch die Bundesregierung notwendig sind. Weitere Gespräche und Arbeitsgruppen mit ExpertInnen sollen folgen, denn „das Problem ist damit ganz sicher nicht gelöst“, so das St. Pöltner Stadtoberhaupt abschließend.

Dworak: „Werden darauf achten, dass jeder Euro bei den Gemeinden ankommt!“

Bgm. Rupert Dworak, Präsident des NÖ GVV, verspricht ein Auge darauf zu haben, „dass jeder Euro, der für die Gemeinden vorgesehen ist, auch tatsächlich dort ankommt. Denn: Wer den Gemeinden immer mehr Aufgaben überträgt, muss auch die notwendigen Finanzmittel dafür zur Verfügung stellen“.

Dworak sieht weiterhin die Gefahr, dass das System – bei derart großen finanziellen Steigerungsraten für die Gemeinden in der Pflege, bei Krankenanstalten und in der Kinder- und Jugendwohlfahrt – kollabiert: „Die Gespräche mit dem Bund müssen umgehend wieder aufgenommen werden. Um das Gesundheitssystem, die Altenpflege oder auch die Kinder- und Jugendwohlfahrt nachhaltig abzusichern braucht es ein Finanz-Paket im Ausmaß von rund einer Milliarde für 2024 und 2025. Die Finanzierung der Gemeindeaufgaben ist sonst – im Lichte der hohen Inflationsrate, der hohen Energiepreise und der Teuerung im Allgemeinen – für viele Gemeinden nicht mehr stemmbar.“

Speziell in herausfordernden Zeiten bedürfe es starker Gemeinden, weiß Rupert Dworak: „Digitalisierung, Kinderbetreuung, Pflege, Gesundheit und leistbares Wohnen sind nur ein paar der Notwendigkeiten, für die Gemeinden nahezu tagtäglich Angebote schnüren, um als Wohnort attraktiv zu sein und zu bleiben. Als größter regionaler Arbeit- und Auftraggeber haben die Städte und Gemeinden auch eine zentrale Rolle zur Stabilisierung des Arbeitsmarkts und der Wirtschaft inne. Das Schicksal vieler Handwerksbetriebe, InstallateurInnen, GärtnerInnen, TischlerInnen und regionaler Baufirmen ist eng mit der Finanzkraft der Heimatgemeinde verwoben. Die optimale finanzielle Ausstattung der Gemeinden ist also ein wichtiger Faktor, um sicher sein zu können, dass die Bürgerinnen und Bürger in unseren Kommunen ein gutes Leben führen können und ein perfektes Wohn- und Arbeitsumfeld vorfinden.“

Suchan-Mayr sieht strukturelles Problem

Schwierige Zeit der Budgeterstellung, sieht LAbg. Bgm.in Kerstin Suchan-Mayr auf die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zukommen: „Bürgerinnen und Bürger erwarten Innovationskraft, Ideen und die notwendigen Investitionen der Gemeinden. Innovationskraft und Ideen haben wir weiterhin zur Genüge, nur die Finanzkraft, um all das umzusetzen geht zusehends verloren. Das hat nicht nur Folgewirkungen für den Fortschritt in den Gemeinden, sondern auch auf die regionale Wirtschaft.“

Suchan-Mayr sieht ein strukturelles Problem und beschreibt anhand ihrer Gemeinde die Problematik: „Die Kosten für Energie sind massiv angestiegen, die Inflation, die explodierten Baukosten sowie die gestiegenen Löhne nagen ebenso am Gemeindebudget, wie die gestiegene Belastung durch die Zins-Sprünge.“ Ebenso gestiegen seien die Umlagen – allein in den letzten fünf Jahren um zwei Millionen Euro für die 10.000 Einwohner-Gemeinde. Dazu käme, dass die Gemeinden immer mehr Aufgaben bekommen, der Kostenersatz dafür aber nicht in gleicher Höhe erfolge. Alleine der Personal-Mehraufwand in den drei Kindergärten in St. Valentin sei von 2019 auf 2024 um 300.000 Euro gestiegen, durch den wichtigen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Suchan-Mayr weiter: „Es ist wichtig für die Familien dieses Landes da zu sein, ihnen gute Kinderbetreuungs- und Ausbildungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen – Nachmittagsbetreuung, Ausweitung der Öffnungszeiten an Randzeiten, Kindergarten- und Schultransport, etc. Für diesen Ausbau und die Umsetzung der Kinderbetreuungsoffensive braucht es aber auch Unterstützung aller Ebenen für die Gemeinden.“

Im Bereich der Bildung – Stützkräfte, Schulassistenz, etc. – entstünden immer höhere Kosten, obwohl pädagogische Tätigkeiten eigentlich vom Land zu tragen wären, meint Suchan-Mayr: „Wir sind uns unserer Verantwortung als Gemeinden bewusst, fordern im Gegenzug aber auch die notwendige Unterstützung seitens des Bundes und des Landes, sonst laufen Bundes- und Landesverantwortliche Gefahr sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, dass sie die Gemeinden ausgehungert haben und damit Stück für Stück dem Lebensraum der Menschen die Attraktivität nehmen.“

Kollross: „Gelder, die den Gemeinden gehören dürfen nicht verwendet werden, um Löcher im Landes-Budget stopfen“

„120 Euro pro Einwohner an zusätzlichem Geld für Städte und Gemeinden wurden zwischen Bund und Ländern in einem Zukunftsfonds zugesagt. Diese müssen 1:1 dort ankommen“, fordert Nationalrat Andreas Kollross, Präsident des österreichischen Gemeindevertreterverbandes ein, Wort zu halten.

Er wisse, dass sich schwarz-dominierte Länder hier bereits die Hände reiben, dass zusätzliches Geld in die Landeskassen fließen, um dort Budgetlöcher zu stopfen, meint Kollross: „Dieses Geld muss aber – durch einen Ausbau der Kinderbetreuung, die Sicherstellung von leistbarem Wohnbau – direkt bei den Gemeinden und damit bei den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern ankommen. Hier dürfe nicht ein großer Teil in den unendlichen Weiten eines visionslosen Landesbudgets versickern und der Rest gnadenhalber durch die Landeshauptfrau mittels politischer Bedarfszuweisungen ausbezahlt werden.“

„Für Trumau würde das zusätzlich für die Bürgerinnen und Bürger einsetzbare Budget etwa 450.000 Euro“, weiß Kollross und fordert „dieses Geld ohne einen Kniefall machen zu müssen und ohne weitere Schikanen so rasch als möglich auch der Gemeinde zur Verfügung zu stellen“. Denn: „Das ist das Geld, das den Trumauerinnen und Trumauern zusteht – für den weiteren Ausbau der Attraktivität der Gemeinde.“

Am Bild (v.l.): Kollross, Dworak, Hergovich, Stadler, Suchan-Mayr

Foto: NÖ GVV